„Ihr Preis ist doppelt so hoch wie der Ihrer Kollegen. Stimmt das so?“ „Oh, das ist aber teuer!“ Kennen Sie als freiberuflicher Übersetzer solche Reaktionen auf Ihre Kostenvoranschläge? Wie antworten Sie darauf?
Übersetzen ist zeitintensiv
Selbst heutzutage, wo ChatGPT rasend schnell alle Antworten zu liefern scheint, erfordert Übersetzungsarbeit noch jede Menge Recherche.
Das beginnt sogar schon vor der eigentlichen Übersetzung.
Aber auch beim Übersetzen selbst gibt es noch viel zu recherchieren:
- Was genau beschreibt dieses innovative Konzept?
- Verfügt der Kunde bereits über eine Übersetzung für bestimmte Begriffe?
- Oder finden sich solche bei Mitbewerbern?
- Werden Produktnamen übersetzt, und wenn ja, wie?
- usw.
Bei meiner Arbeit für ein großes internationales Unternehmen habe ich festgestellt, dass die damaligen freiberuflichen Übersetzer keine Ahnung von den Produkten dieses Unternehmens hatten (z. B. sind Lasuren keine Beizen, und umgekehrt).
Darüber hinaus war aus den Übersetzungen ersichtlich, dass die Übersetzer die vorherigen Übersetzungen nicht berücksichtigt hatten. Die Datenblätter waren sehr uneinheitlich übersetzt und man hatte sich nicht nach Begriffen erkundigt, die nicht 1:1 aus dem Deutschen ins Niederländische und umgekehrt übertragen werden können (z. B. kann Spachtelung nur in sehr wenigen Fällen mit „plamuur“ übersetzt werden, und auch bei „hell“ (fel) fragt man am besten immer nach).
Nicht verwunderlich also, dass mich das Unternehmen – dessen Vertreter sich mehr als einmal über die Qualität der vorliegenden Übersetzungen beschwert hatten – zunächst um eine Testübersetzung bat ...
„Wow, das liest sich toll!“
Nach jeder abgeschlossenen Übersetzung für dieses Unternehmen folgen mindestens ein bis drei Fragerunden. So auch bei meiner Testübersetzung (siehe oben stehender Abschnitt über die Vorbereitung der ersten Übersetzung für einen neuen Kunden). Solche Fragerunden erfordern oft wieder zusätzliche Recherche inklusive Erklärungen, warum bestimmte Dinge so und nicht anders übersetzt wurden. Das kostet wieder Zeit, die natürlich in den Preis eingerechnet wird. Für Spachtelung/Putz habe ich insgesamt 2 Stunden und vier Beratungsgespräche mit dem technischen Redakteur und den Vertretern des Unternehmens benötigt, bevor ich eine endgültige Fassung vorlegen konnte.
Flüssig und deutlich schreiben erfordert Fachwissen und Erfahrung
Bei technischen Übersetzungen kommt es in erster Linie auf Klarheit an. Übersetzungen dürfen auf keinen Fall doppeldeutig oder missverständlich sein.
Um dies zu gewährleisten, ist eine gründliche Korrektur und Revision – oft mit Gedankenaustausch und Diskussion untereinander – unerlässlich.
Aber nicht alle technischen Texte sind Handbücher und technische Datenblätter, die gemäß deutschem Produkthaftungsgesetz in der Sprache des jeweiligen Benutzers vorliegen müssen. Es gibt auch Texte mit leicht technischem Touch, die einen ganz anderen Ansatz erfordern, wie
- Newsletter
- Pressemitteilungen
- Broschüren
- Kataloge
- Blogs
- Websites
Bei dieser Art von Texten dreht sich alles um Copywriting. Der Text muss in jeder Sprache seinen Zweck erfüllen.
Und das bedeutet mehr als nur Information übermitteln. Der Text – und damit auch seine Übersetzung – muss die Zielgruppe überzeugen und ermutigen, weiterzulesen, die Website zu besuchen, ein Gespräch mit einem Vertreter anzufragen, einen Termin im Showroom zu vereinbaren usw.
Für solche Texte setze ich andere Techniken ein, beispielsweise Copywriting und SEO. Auch die Vorbereitung solcher Texte verläuft ganz anders. Beim Marketing benötigt man einen Aktionsplan, und bei SEO muss man sich zunächst breit orientieren, bevor der Suchbereich eingegrenzt werden kann.
Bei der Übersetzung von Marketingmaterial arbeite ich bei der Revision außerdem bewusst mit Schlussredakteuren, denn sie wissen ganz genau, was bei dieser Art von Texten am besten funktioniert und was nicht.
Wussten Sie, dass ...
- in Marketingtexten der erste Satz am besten so kurz wie möglich gehalten wird?
- punktgenaue Slogans und Handlungsaufforderung (CTA) die besten Ergebnisse liefern?
- spätestens im zweiten Satz das Interesse Ihrer Leserschaft geweckt sein muss, damit diese Ihrer Story folgen?
- Sie mit „wir“ nicht weit kommen? Bei Marketingtexten dreht sich alles um den Leser und die Leserin.
Das sind nur einige der Punkte, die ich bei Marketingmaterial immer analysiere und Ihnen möglicherweise noch vor Beginn der Übersetzungsarbeit vorlege. Bei solchen Texten wähle ich einen ganz anderen Ansatz als bei „gewöhnlichen“ Übersetzungen, damit Sie den Unterschied auch wirklich „spüren“.